Klimaausblicke für Hagen bis zum Ende des Jahrhunderts

Projektionen für die Jahresdurchschnittstemperatur-Entwicklung in Hagen und Umgebung bis zum Ende des Jahrhunderts – im Vergleich mit den Messwerten am Eugen-Richter-Turm – unter unterschiedlichen Vorgaben:
RCP2.6 (grün) beinhaltet sehr ambitionierte Maßnahmen zur Reduktion von Treihausgasen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts
RCP4.5 (blau) geht davon aus, dass die Emissionen bis Mitte des 21. Jahrhunderts noch etwas steigen und dann wieder sinken
RCP8.5 (rot) beschreibt einen weiterhin kontinuierlichen der CO2-Emissionen  mit einer Stabilisierung auf hohem Niveau bis 2100.

Man erkennt, dass sich die realen Jahresdurchschnittstemperaturen im Moment sehr stark am Maximalwert der Simulationen zum Szenario „Weiter so“ (RCP8.5) orientieren. Das ist sehr beunruhigend.

Wie wurde das obige Diagramm erstellt?

Das Helmholtz-Zentrum, Climate Service Center Germany (GERICS) hat für alle 401 Landkreise in Deutschland Klimaausblicke erstellt. Dazu erstellten GERICS 87 Simulationen mit 9 regionalen Klimamodellen. Da die Fläche Hagens allein zu klein ist, sind die nachfolgenden Prognosen auf Hagen und  die umgebenden Kreise DO, UN, MK, EN  bezogen.

Prognose-Zeiträume

Zu den drei unterschiedlichen Szenarien stellt GERICS jeweils die voraussichtlichen Änderungen im Vergleich mit dem Mittelwert der Jahre 1971 – 2000 zur Verfügung. Angegeben sind der mittlere Wert (Median) aller zugehörigen Simulationen sowie das maximale und minimale Ergebnis. Zielzeiten sind Durchschnittswerte der beiden Zeitperioden von 2036 – 2065 und 2069 – 2098.
Hintergrund: Um Klimaänderungen beschreiben zu können, sind Wetterdaten über mindestens 30 Jahre erforderlich.

Zugrundeliegende Szenarien

Für den 5. Sachstandsbericht des IPCC wurden sogenannte „Repräsentative Konzentrationspfade“ (Representative Concentration Pathways – RCPs) entwickelt. Die Zahlen orientieren sich an den angenommenen Strahlungsantrieben (1850 – 2100). Denen wiederum liegen Prognosen zu den CO2-Emissionen zugrunde. Das zeigt die nachfolgende Grafik.

Datenquelle

Daten vom Wetternetz Hagen

Das Wetternetz Hagen misst kontinuierlich absolute Wetterdaten an momentan 22 Standorten in Hagen. Hier wurden die Jahresdurchschnittsmesswerte verwendet.
Die längste Messreihe im Stadtgebiet ist die an der Sternwarte Hagen (Eugen-Richter-Turm). Seit 1956 werden hier ununterbrochen Wetterdaten aufgezeichnet. Daher ist diese Messreihe für die Zusammenführung mit den Prognosewerten besonders geeignet.
Über kürzere Messreihen an Wetterstationen in der Stadtmitte weiß man, dass dort z.B. die Temperaturwerte etwa um 1°C über denen der Sternwarte liegen.

Anpassung der Daten an die Projektionen

Um die Daten von der Sternwarte kompatibel zu den Vorhersagen zu machen, haben wir zunächst den Mittelwert der Messwerte von 1971 bis 2000 berechnet. Es zeigt sich, dass diese in geringem Maße von den GERICS-Werten abweichen. Das ist auch klar, weil sich letztere auf einen größeren Bereich (Hagen und umgebende Kreise) beziehen. Wir haben dann die Änderungen aus den Prognosen auf unsere Mittelwerte (z.B. bei der Temperatur auf 9,5 °C statt 9,2 °C) bezogen und bekommen so absolute Werte, die mit den Messdaten vergleichbar sind.

Da sich die Prognosen auf 30-Jahreszeiträume beziehen, haben wir aus den jährlichen Durchschnittwerten der Sternwarte gleitende 30 Jahre – Mittelwerte berechnet. Der letzte blaue Punkt in der obigen und auch in den nachfolgenden Grafiken ist dem Jahr 2008 zugeordnet, beschreibt aber den Durchschnittswert des Zeitraums 1993 – 2022.
Der davor entspricht also dem Mittelwert für 1992 – 2021 usw.

Auswertung

Insgesamt kann man sagen, dass es bei den temperaturbedingten Klimaveränderungen in allen Szenarien bis zum Ende des 21. Jahrhunderts statistisch signifikante Klimaveränderungen gibt. Sie fallen natürlich beim Szenario RCP2.6 (Mittelwert: von 9,5 °C auf 10,6 °C) deutlich geringer aus als beim RCP8.5 (Mittelwert von 9,5 °C auf 12,8 °C). Die maximale Veränderung beim letzten Szenarium könnte sogar zu einer Jahresdurchschnittstemperatur von 14,4 °C führen.

Bei den Niederschlägen ist die Entwicklung nicht so eindeutig. Die Schwankungen dei den Simulationen zeigen sowohl Abnahme als auch Zunahme der aktuellen Niederschlagsmessungen an. Aus zusätzlichen Kennzahlen, die wir hier wegen fehlender Vergleichdaten nicht aufführen, kann man aber ableiten, dass zum einen die Sommer trockener und die Winter nasser werden. Zum anderen ist zu erwarten, dass extreme Niederschlagsereignisse häufiger auftreten.

Die zusammenfassende Auswertumg von GERICS können Sie hier herunterladen. Alle Entwicklungen auf einen Blick finden Sie auf dem Klimabündnis-Hagen-Plakat.

Unsere Konsequenzen

  1. Jedes Zehntelgrad hilft.
    Den Klimawandel durch Energieinsparungen, Einsatz von erneuerbaren Energien und durch bessere Energienutzung abzuschwächen, ist die eine wichtige Strategie. Dies kann erreicht werden durch
    – zügigen Ausbau von Solarenergien aller Art (PV, Solarthermie, Wind- nd Wasserkraft, Bioenergie aus Abfallstoffen)
    – kommunale Wärmeplanung
    – Altbausanierung (Dämmung, Wärmepumpen)
    – Wasserstoffnutzung in der Industrie und im Schwerlastverkehr
  2. Bereiten wir uns auf den Klimawandel vor.
    Die zweite wichtige Strategie ist, sich auf steigende Temperaturen und heftigere Niederschlagsereignisse vorbereiten. Wichtige Klimaanpassungsmaßnahmen wären:
    – Freihalten der Kaltluftschneisen
    – Bäume in der Stadt erhalten und neue pflanzen
    – Trinkwasserbrunnen, Kälteräume
    – Vorsorge vor Extremregenereignissen und Überschwemmungen treffen
    – Regenwasser für trockene Jahreszeiten sammeln („Schwammstadt“)
    – Die Wälder erhalten
  3. Einfluss nehmen
    – Wir brauchen direkte Bezüge zur Kommunalpolitik, Einrichtung eines Bürgerrates
    – An allen Weiterbildungseinrichten muss Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) integriert werden, nicht im Sinne eines erhobenen Zeigefingers sondern mit dem Ziel die Menschen zu kritischem Denken und Reflexion über Kriterien und Maßstäbe anzuregen.

Sommertage

Definition: Anzahl an Tagen pro Jahr mit einer Tagesmaximumtemperatur von mehr als 25 °C.

Wetternetz HagenTage
Sommertage 1971 – 2000Durchschn.27,8
GERICS-Daten für Hagen und Umgebung
Sommertage 1971 – 2000Durchschn.24,5

Bewertung

  • Die Zahl der Sommertage könnte sich bis 2100 gut verdoppeln.
  • Nur beim Szenario RCP2.6 bleibt die Zahl der Sommertage in etwa konstant.
  • Die realen Meßdaten bewegen sich wie schon bei der Jahresdurchschnittstemperatur in etwa in Richtung der maximalen Abschätzung.

Hitzetage

Definition: Anzahl an Tagen pro Jahr mit einer Tagesmaximumtemperatur von mehr als 30 °C.

Wetternetz HagenTage
Hitzetage 1971 – 2000Durchschn.4,6
GERICS-Daten für Hagen und Umgebung
heiße Tage 1971 – 2000Durchschn.3,8

Bewertung:

  • Nur beim RCP8.5 geht die Anzahl der Hitzetage deutlich hoch.
  • Allerdings wird sie in der Innenstadt wegen der Kessellage etc. deutlich höher sein
  • Auch hier bewegen sich die realen Messdaten entlang der maximalen Abschätzung zum RCP8.5-Szenario.

Frosttage

Definition: Anzahl der Tage pro Jahr mit einer Tagesminimumtemperatur geringer als 0 °C.

Wetternetz HagenTage
Frosttage 1971 – 2000Durchschn.67,1
GERICS-Daten für Hagen und Umgebung
Frosttage 1971 – 2000Durchschn.65,1

Bewertung:

  • Die Zahl der Frosttage nimmt bei allen Szenarien ab.
  • Lediglich bei Annahme einer wirkungsvollen CO2-Emissionsrückgangs (RCP2.6) stabilisiert sich die Abnahme in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Im schlimmsten Fall wird es am Ende des Jahrhunderts keine Eistage mehr geben.
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Eistage

Anzahl der Tage pro Jahr mit einer Tagesmaximumtemperatur geringer als 0 °C.

Wetternetz HagenTage
Eistage 1971 – 2000Durchschn.18,9
GERICS-Daten für Hagen und Umgebung
Eistage 1971 – 2000Durchschn.13,2

Bewertung:

  • Die Zahl der Eistage nimmt bei allen Szenarien deutlich ab.
  • Lediglich bei Annahme einer wirkungsvollen CO2-Emissionsrückgangs (RCP2.6) stabilisiert sich die Abnahme in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Im schlimmsten Fall wird es in diesem Zeitraum keine Eistage mehr geben.
  • Die realen Messdaten orientieren sich an den Durchschnittswerten fpr RCP4.5 und RCP8.5.

Niederschläge

Die Niederschlagswerte beinhalten sowohl flüssigen als auch festen Niederschlag, also Regenund Schnee. Die jahreszeitlichen Niederschlagsmengen werden für das meteorologische Jahr (Dezember bis November) berechnet.

Wetternetz Hagenmm
Niederschläge 1971 – 2000Durchschn.996
GERICS-Daten für Hagen und Umgebung
Niederschläge 1971 – 2000Durchschn.982

Bewertung:

  • Die Entwicklung der Niederschlagsmengen ist nach GERICS nicht statistisch gesichert. Sie schwankt zischen Zunahme (max. Wert aus dem RCP2.6-Szenario) und deutlicher Abnahme (min. Wert aus dem RCP8.5-Szenario)
  • Die realen Meßwerten orientieren sich aber auch hier an der extremen Abschätzung (RCP8.5).

„Was wir jetzt erleben, hat schon katastrophale Auswirkungen. Aber das ist nichts dagegen, was uns erwartet, wenn wir einfach so weitermachen.“

Professor Mojib Latif

Klimaforscher am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

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